Was tun, wenn es dicke Luft gibt? Ignorieren? Lieber nicht. Es ist zwar verständlich, wenn man dem Ärger, den Konflikte normalerweise mit sich bringen, aus dem Weg gehen will, doch meistens ist das keine gute Lösung. Auch der Appell, die Dinge doch bitte sachlich zu betrachten, nutzt meist nicht viel. Die Kommunikationspsychologie weiß schon lange, dass jeder Konflikt, auch wenn er zunächst rein sachlich wirkt, eine „Beziehungsebene“ hat. Das bedeutet, dass in jedem Konflikt Emotionen mitschwingen. Wer jetzt zu lange abwartet, riskiert eine regelrechte Chronifizierung. Mit Konflikten ist es in der Tat oft so mit Zahnschmerzen: man versucht, sie so lange es geht zu ignorieren, doch meist verschlimmern sie sich.
Was kann man also tun? Ich würde Ihnen empfehlen, die Konfliktparteien zusammen zu rufen und den Konflikt gemeinsam zu besprechen. Am besten spielen Sie als Projektleiter/-in dann die Rolle eines neutralen Dritten. Auch wenn Sie selbst eine gute Lösungsidee parat haben, sollten Sie zunächst abwarten, ob die beiden nicht selbst eine Lösung finden. Das wirkt sich positiv auf die gemeinsame Zusammenarbeit aus, denn an das, was man selbst erarbeitet hat, hält man sich im täglichen Miteinander auch eher.
Und so können Sie vorgehen:
So moderieren Sie einen Konflikt zwischen zwei Projekt-Mitarbeitern
Dieser Gesprächsleitfaden beschreibt in fünf Stufen, wie Sie Schritt für Schritt die Hintergründe eines Konflikts beleuchten können.
Stufe 1 Einstieg in die Sichtweisen und Themen
Beide Parteien formulieren ihr Konfliktthema. Hilfreich kann für die Konfliktpartner ein Einstiegssatz sein, der mit „mich stört…“ beginnt. Die Ernsthaftigkeit der eigenen Störung muss dem anderen deutlich werden, also nicht „durch die Blume sagen“. Die Konfliktpartner sollten darauf achten, in Ich-Botschaften zu sprechen und Du-Botschaften zu vermeiden. So können Vorwürfe vermieden werden, die zu einer frühzeitigen Eskalation führen könnten.
Aufgabe des Projektleiters
Achten Sie darauf, dass wirklich einer nach dem anderen formuliert seine Konfliktpunkte formuiert. Während der spricht, hört der ander in der Zeit nur zu und unterbricht auch nicht. Als Führungskraft fassen Sie nach jedem Wortbeitrag alles in eigenen Worten zusammen (ohne die eigene Meinung zum Konfliktthema zu äußern!). Erst danach ist der andere Konfliktpartner an der Reihe. In dieser Phase des Gesprächs soll es noch nicht um Lösungen gehen – es herrscht absolutes Lösungsverbot für alle Parteien.
Stufe 2 Ziele formulieren
In dieser Phase des Gesprächs sollen die Konfliktpartner beschreiben, was sie in Zukunft verändern möchten.
Aufgabe des Projektleiters
Achten Sie darauf, dass jeder genug Zeit hat, seine Interessen und Ziele zu äußern. Ihre Rolle besteht nun darin, Fragen zu stellen und sich genügend Zeit zu lassen, damit jeder im Raum versteht, was der andere will.
Für Konfliktbeteiligte ist es oft schwer, sich von der konfliktreichen Vergangenheit gedanklich und emotional zu lösen. Eventuell bitten Sie die Beteiligten, das Vergangene zunächst so stehen zu lassen, um sich den Zielen zu widmen. Diese Ziele kann man auch auf einem Flipchart visualisieren.
Stufe 3 Gemeinsamkeiten
In dieser Phase des Gesprächs geht es darum, aufzuzeigen, welche Gemeinsamkeiten jenseits des Konflikts zwischen den Konfliktpartnern bestehen. Das hilft, aus dem Problem-Fokus in den Lösungs-Fokus zu kommen.
Aufgabe des Projektleiters
Lassen Sie den jeweils „gegnerischen“ Partner die Ziele des anderen noch mal aussprechen lässt, dazu kann man auch die Plätze tauschen lassen, um sich auch mental in die Position des Anderen zu versetzen. Das erleichtert eine gewissen Beweglichkeit im Denken, die man braucht, um auch im Konflikt die Gemeinsamkeiten entdecken zu können. Auch diesen Schritt unbedingt visualisieren.
Stufe 4 Lösungsmöglichkeiten
Brainstorming – beide Konfliktpartner sammeln Lösungsideen.
Aufgabe des Projektleiters
Schreiben Sie alle Ideen, auch die scheinbar unsinnigen, auf ein Flipchart ,das beide Konfliktpartner sehen können. Als Projektleiter dürfen Sie sich mit eigenen Ideen einbringen.
Stufe 5 Vereinbarung
Vereinbarungen sollten konkret, detailliert und zeitlich festgelegt sein. Nach einer vereinbarten Zeit wird überprüft, ob sich die Vereinbarung in der Praxis umsetzen lässt. Kommt keine Lösung zustande: Zusammenfassung der Zwischenergebnisse.
Aufgabe des Projektleiters
In Konfliktgesprächen ist es wichtig, sich selbst mit Meinungen und Ratschlägen zunächst völlig zurückzuhalten. Erst wenn beide Parteien die Möglichkeit hatten, Ihre Standpunkte ausführlich darzustellen – und erst dann, wenn ich als Führungskraft sicher gestellt habe, dass ich den/die anderen auch wirklich verstanden habe, erst dann kann ich selbst Vorschläge zur Lösung einbringen.
Eine rechtzeitige und gelungene Konfliktklärung ist übrigens eine gute Investition in den Projekterfolg. Denn in der Regel haben ja beide Recht – und wenn es gelingt, von beiden Seiten die jeweils besten Argumente oder Vorschläge in die Projektarbeit mit einfließen zu lassen, haben alle gewonnen!
Nächste Woche:
Achtung Schnittstellenkommunikation!
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